Über die Welt verteilt: Offshore-Finanzplätze (zum Vergrössern anklicken) Quelle: Wikipedia |
Das Mitleid
mit den betroffenen Anlegern hält sich in Grenzen: Die meisten Medien, ihre Konsumenten
und natürlich auch die Regierungen, üben sich in unverhehlter Schadenfreude.
Schliesslich sind es nur die Reichen, die
hier blossgestellt werden, deren private Daten weltweit breitgeschlagen
werden. Allerdings macht es auch in der schadenfreudigen digitalen Neidgesellschaft
durchaus Sinn, etwas genauer nachzulesen und nachzufragen. So fällt zum
Beispiel auf, dass in der Offshore-Leaks-Berichterstattung immer wieder bemerkt
wird, dass es unklar sei, ob die betroffenen Anleger illegal gehandelt hätten.
Das ist aber in den Augen der Enthüller und ihrer Supporter reine Nebensache: Schliesslich gehe es hier um “nichts anderes
als um Offenlegung von Herrschaftsstrukturen. Verheimlichungen, Vertuschungen,
Verwirrspiel in verschachtelter Form um alle Ecken der Welt herum; sowas kann
nicht der Einfachheit, der Transparenz und dem Fairness-Gebot demokratischer
Gepflogenheit dienen“, gibt ein NZZ-Online-Leser zum Besten und fasst damit
wohl ziemlich genau die Motive der Enthüllungsjournalisten und ihrer Helfer
zusammen. Die Frage ist nur: Bei welchem Anlagebetrag fängt der Zweck an, die Mittel
zu heiligen? Schon bei 100‘000 Franken, einer Million oder erst bei 10
Millionen?
Einer der
wenigen Journalisten, der die Offshore-Leak-Geschichte kritischer betrachtet,
ist der Medienredaktor der NZZ. Rainer Stadler schreibt:
“Wie sicher sind meine persönlichen Daten, die an diversen Orten elektronisch abgespeichert sind? Was, wenn irgendeiner eine Datenbank abschöpft und meine Daten als Beifang irgendwo auf einer Redaktion landen? Selbst wenn die betreffenden Journalisten seriös arbeiten, hätte ich keinerlei Sicherheitsgarantien. Die Privatsphäre ist im digitalen Zeitalter mehr denn je gefährdet.[…] Politiker äussern bereits die Forderung, die Redaktionen müssten die «Papiere» herausrücken. Das werden diese bestimmt nicht tun, weil sonst ihr Geschäftsmodell ruiniert wäre. Die Redseligen bekämen nie mehr geheime Dokumente zugesteckt. Geheimniskrämerei steht aber im Widerspruch zur Transparenzforderung der Medien – eine ätzende Ironie solchen Datenhandels.“
Noch kritischer sieht die deutsche Tageszeitung die Welt die Angelegenheit. Unter dem Titel: "Heute Reiche, morgen Arme - Jeder ist vogelfrei", schreibt das Blatt:
"In der Steueroasen-Affäre geht es nicht um Gerechtigkeit. Hier wird nach Stimmungslage und gegen jede rechtsstaatliche Praxis verdächtigt und veröffentlicht. Niemandes Daten sind mehr sicher. [...] Wenn es moralisch oder sonstwie kommod erscheint, kann jeder heutzutage bis aufs Hemd ausgezogen und "veröffentlicht" werden. Da hilft kein Datenschutz. Der Leaker ist immer in der Vorderhand. Und was heißt das? Heute die "Reichen" und morgen die "Armen". Wer jetzt denkt: "Was habe ich schon zu verlieren?", der wird erst aufwachen, wenn sie unwiederbringlich perdu ist, die Privatsphäre."
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