Die amerikanische Notenbank steht vor der Entscheidung, ob sie endlich die Zinswende einleiten will. Der Entscheid fällt in der digitalen Gesellschaft nicht so leicht, wie früher, als sich die Notenbanker noch ausschließlich auf die althergebrachten wirtschaftlichen Indikatoren verlassen konnten. Ökonomen glauben, dass die sogenannte “Share-Economy“ diese traditionellen Statistiken alt aussehen lässt und in den Entscheidungen der Spitzenbanker zu wenig Gewicht findet.
Das Eccles-Genäude der Amerikanischen Notenbank in Washington DC. Bild Dan Smith/Wikipedia |
Die Share-Economy wächst und wächst; heute schon spielt sie eine wichtige Rolle in der globalen Wirtschaft. Das wissen auch die Teilnehmer der traditionellen Wirtschaftsformen: Obwohl (oder gerade weil) diese sich oft in einem sklerotischen Zustand befinden, haben viele ihrer Vertreter, wie zum Beispiel Gewerkschaften oder Unternehmensverbände, ein Interesse daran, die Neuankömmlinge unter Druck zu setzen. In vielen Ländern und Städten wurde zum Beispiel der Uber-Fahrdienst verboten. Trotzdem steigt der Wert von Uber immer weiter an. Ganz ähnlich sieht es mit AirBnB aus, wo es darum geht, private Unterkünfte zu vermieten. Strikte Vorschriften, die oft durchaus berechtigt sind, lassen sich nur schwer durchsetzen.
Immerhin hat der Boom der Share-Economy dazu geführt, dass die herkömmlichen Wirtschaftszahlen vielen Ökonomen nicht mehr genügen. Zitat aus der Handelszeitung:
“Neue Internet-Geschäfte mit dem Teilen von persönlichem Besitz haben bereits Milliarden Dollar an Investorengeldern angelockt. Webseiten wie das Wohnungsportal AirBnB oder der Taxidienst Uber boomen in den USA. In die Daten der US-Ökonomen zur Entwicklung Produktivität scheint diese «Sharing Economy» bislang aber kaum Eingang zu finden. […] Seit der Weltwirtschaftskrise 2008/09 hat die Produktivität in den USA laut Daten der Ökonomen gerade einmal 1,25 Prozent im Jahr zugelegt. Davor war der Zuwachs doppelt so stark. Manche Volkswirte sagen, die Auswirkungen der «Sharing Economy» und anderer neuer Entwicklungen würden nicht genügend berücksichtigt – in Wahrheit liege der Produktivitätsfortschritt deutlich höher. Dann aber wäre die US-Wirtschaft in womöglich besserer Verfassung als es offizielle Statistiken vermuten liessen und Yellen könnte eine Zinsanhebung leichter fallen.“
Natürlich gibt es zahlreiche Ökonomen, die die ganze Sache nicht so wild sehen; auch sie kommen im Artikel der Handelszeitung zu Wort.
Eines ist aber sicher: Was die Share-Economy betrifft, herrscht Handelsbedarf. Kapitalistische Liberalisten möchten die Entwicklung uneingeschränkt laufen lassen, weil sie glauben, dass dadurch langfristig der allgemeine Wohlstand vergrössert wird, auch wenn es kurzfristig Härtefälle gibt (zum Beispiel arbeitslose Taxichauffeure). Andere verlangen zumindest gewisse Massnahmen. Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln ist kürzlich mit dem Thema an die Öffentlichkeit getreten:
"Der Gesetzgeber muss sich die Regeln und Vorschriften genau angucken – und vor allem schnell“, fordert auch Vera Demary vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW). Ein „angemessener regulatorischer Rahmen“ sei eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass sich der Markt dynamisch weiterentwickeln könne. Auch Demary ist sich der Gratwanderung bewusst: Zwar warnt sie eher vor einer Überfrachtung eines Regelwerks, eine völlige Aufweichung der Regularien sei aber auch nicht sinnvoll: „Wichtig ist, dass fairer Wettbewerb möglich ist."Ob die Share-Economy bei der kommenden Zinswende den wirklich eine Rolle spielen wird, werden wir von der Fed Chefin Janet Yellen wohl nie erfahren.
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