Montag, 20. Juli 2015

Personalized Pricing: wenn Sie mehr (oder weniger) bezahlen, als die Anderen

Wie so viele anderen Errungenschaften des digitalen Zeitalters, ist es umstritten: “Personalized Pricing“ heisst im Grunde genommen nichts anderes, als dass Sie nicht den gleichen Betrag für einen Artikel oder eine Dienstleistung bezahlen, wie die anderen Kunden. Die Preise werden auf persönlicher Basis festgelegt, teurer oder billiger. In unserer Neidgesellschaft kommt das natürlich nicht gut an – schliesslich gibt es kaum Kunden, die gerne mehr bezahlen, als die Anderen.   

Wer öfter sucht, zahlt mehr? Die Swiss bestreitet vehement, dass sie ihre Preise
auf diese Weise personalisiert.                                                      Swiss Screengrab
“Personalized Pricing“ ist ein naher Verwandter von “Dynamic Pricing“. Diese dynamische Preisgestaltung wird von Airlines schon seit Jahren betrieben, verschmelzt aber im Zuge der Digitalisierung unserer Gesellschaft immer mehr mit Personalized Pricing. Genau diese Art der Preisanpassung scheint bei den meisten Kunden gar nicht gut anzukommen. Eigentlich kein Wunder, denn wie erklärt Wikipedia doch diese Art der Preisgestaltung:
“Preisdifferenzierung (auch Preisdiskriminierung) ist eine Preispolitik von Anbietern, für die gleiche Leistung unterschiedliche Preise zu fordern. Die Differenzierung kann zeitlicher, räumlicher, personeller oder sachlicher Art sein. Mit diesem Instrument der Preisgestaltung versuchen Anbieter, die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager optimal auszuschöpfen…“
Heisst: Dem Kunden, der weniger wählerisch ist, kann man mehr Geld abnehmen. 
Immerhin so ähnlich könnte man die Ankündigung von Coop Schweiz verstehen, der diese Preispolitik für seinen Online-Laden testet. Aus der Schweiz am Sonntag: 
“Kunde A erhält je nach Shoppingschema 5 Prozent, Kunde B 40 Prozent für seinen Einkauf bei Coop at home. Möglich macht dies eine neue Software des deutschen Unternehmens Prudsys aus Chemnitz, der namhafte Händler wie Karstadt, C&A und Quelle zu seinen Kunden zählt. Prudsys lieferte Coop bereits das System für die Produkte-Empfehlungen. Nun analysiert ein neuer Algorithmus im Hintergrund in Echtzeit das Verkaufsverhalten. Gleichzeitig kennt er den Bestand im Coop-Lager und spuckt entsprechend personalisierte Coupons aus…“
Coop ist natürlich nicht das einzige Unternehmen, das die Personalisierung der Preise ausprobiert. Auch Amazon hat damit schon experimentiert:
“Im Jahr 2000 wurde publik, dass der Onlinehändler Amazon je nach Kunde unterschiedliche Preise für DVD-Filme verlangte. Amazon-Chef Jeff Bezos nannte den Test darauf einen Fehler und erstattete die Fehlbeträge zurück. Und das Wall Street Journal deckte 2012 auf, dass der Online-Reiseriese Orbitz Mac-Benutzern teurere Hotelpreise anbot als Windows-Benutzern, da Apple-Käufer offenbar mehr Geld für Ferien ausgeben…“
Apropos Reisebranche: Auch die Swiss kam dieser Tage in die (Blick) Schlagzeilen – wegen einer angeblich dynamischen Preisgestaltung, die dafür sorge, dass Kunden die öfter am PC nach Flügen suchen, mehr bezahlen müssten (die Swiss bestreitet das vehement):
“Walter Kunz (53), Geschäftsführer des Schweizer Reiseverbands, ist sich sicher: «Die Swiss will die Passagiere bewusst auf die eigene Webseite locken.» Die Airlines sind heiss auf das Gold des digitalen Zeitalters: Kundendaten. Denn wer übers Internet bucht, hinterlässt persönliche Informationen. Und das kann teuer werden. Kunz erzählt: «Ich habe mir einen Flug ein paar Mal auf meinem Privatcomputer angeschaut. Beim Buchen war er plötzlich teurer.» Kunz brach die Transaktion ab und buchte stattdessen von seinem Bürocomputer aus. «Da war er wieder günstiger.»
Wir tendieren, in diesem Fall der Fluggesellschaft zu glauben. Unter anderem deshalb, weil wir selber schon unzählige Flüge bei unzähligen Unternehmen gebucht haben, und noch nie eine derartige Erfahrung gemacht haben. Im Gegenteil. Falls aber ein Reisender das Gefühl hat, dass er teurere Tickets angeboten bekommt, weil sein PC vom Anbieter erkannt wird, gibt es eine einfache Lösung. InPrivate Browsing im Internet Explorer oder der Inkognitomodus in Google Chrome sorgen dafür, dass man  unerkannt einkaufen kann – zumindest bis es ans Bezahlen geht. Spätestens dann, müsste der Preis eigentlich feststehen! 

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