Montag, 16. März 2015

Smartphone - oder eher Dummphone?

Dass die übermässige Nutzung von Smartphones der menschlichen Intelligenz nicht zuträglich ist, wird durch wissenschaftliche Studien untermauert. Das Schlagwort “Digitale Demenz“ macht schon seit längerer Zeit die Runde – auch wir haben darüber berichtet. Eine neue Kanadische Studie hat nun bestätigt, dass die ständige Verfügbarkeit von digitalen Informationen denkfaul macht und sich womöglich sogar negativ auf die Intelligenz der Nutzer auswirkt.

Eines der zahlreichen Bücher, dass sich mit dem Einfluss 
digitaler Medien auf das Gehirn befasst. Bild Amazon
Das menschliche Gehirn ist äussert anpassungsfähig. Es ist zum Beispiel so flexibel, dass es Fakten nicht mehr oder nur eingeschränkt abspeichert, wenn es weiss, wo es diese Fakten abrufen kann. Diese Tatsache wurde schon vor mehreren Jahren durch ein Team um die Psychologin Bettsy Sparrow an der Columbia Universität in den USA wissenschaftlich nachgewiesen, und die Experten streiten sich darüber, ob die Verfügbarkeit eines externen digitalen Gedächtnisses positiv oder negativ zu werten ist:
“Sparrows Studie zeigt, wie flexibel unser Gehirn ist, wenn es um die Anpassung an unsere Werkzeuge geht", zitiert Technology Review den Autor Nicolas Carr , dessen Buch The Shallows: What the Internet Is Doing to Our Brains gerade für den Pulitzerpreis nominiert ist. Allerdings sieht Carr diese Anpassung nicht positiv: "Es ist wirklich wichtig, dass es einen Unterschied zwischen externem und internem Gedächtnis gibt", sagt er. "Wenn man etwas nicht verinnerlicht, dann wird das Verständnis weniger persönlich, weniger unverwechselbar und in letzter Konsequenz oberflächlicher."
Sparrow selbst sieht diesen Prozess hingegen positiv. Unser Gedächtnis passe sich dem Internet an, genau wie es sich in der Vergangenheit auch an andere "Technologien" angepasst habe, beispielsweise an das geschriebene Wort.“
Die Forscher an der Kanadischen Universität in Waterloo sehen die ständige Verfügbarkeit von Google und Co. auf mobilen Geräten nicht positiv – im Gegenteil:
“Mit Smartphones haben User ständig all das Wissen im Internet griffbereit. Das bedeutet eine Versuchung, Infos einfach zu suchen, anstatt tatsächlich zu denken. Drei Studien mit insgesamt 660 Teilnehmern haben gezeigt, dass dieser Versuchung vor allem jene Menschen erliegen, die normalerweise eher intuitiv vorgehen. Sie werden also denkfaul und setzen stattdessen auf das Smartphone als Gehirn-Erweiterung. Im direkten Vergleich dazu verbringen Personen mit ausgeprägten kognitiven Fähigkeiten, die eher zu analytischem Denken tendieren, viel weniger Zeit mit der Smartphone-Suche. Smartphone-Googeln macht den Forschern zufolge denkfaul, möglicherweise aber noch mehr als das. "Unsere Forschungsergebnisse stützen einen Zusammenhang zwischen intensiver Smartphone-Nutzung und geringerer Intelligenz", erklärt Gordon Pennycook, einer der Forscher. Dass Smartphones dumm machen, wollen die kanadischen Psychologen so aber zumindest noch nicht sagen. Denn ob es wirklich zu einer Intelligenzminderung kommt, sei eine ungeklärte Frage, an der noch weiter geforscht werden müsse. Das Team hält es jedenfalls für möglich, dass sich Smartphone-bedingte Denkfaulheit negativ auf den Alterungsprozess auswirkt…“
Das sind schlechte Aussichten, und wenn man sich näher mit dem Thema befasst, werden sie nicht besser. Manfred Spitzer, der Autor des Buches “Digitale Demenz“ gab in einem Interview Folgendes zu Protokoll:
“Studien belegen, dass jemand gegoogelte Inhalte mit geringerer Wahrscheinlichkeit im Gehirn abspeichert als jemand, der sie auf andere Weise sucht. Oder etwa bei der Orientierung: Wir lagern sie an das Navigationsgerät im Auto aus - und dürfen uns nicht wundern, dass wir selbst immer schlechter navigieren. Ähnliches gilt für Geburtstage, Telefonnummern, Kopfrechnen oder die Rechtschreibung. Passiert weniger im Gehirn, lernt man weniger, und die Gehirnwindungen bilden sich weniger aus. […] Bei uns verbringen Jugendliche täglich doppelt so viel Zeit mit Medien als mit dem gesamten Schulunterricht. Als Folge werden wir oberflächlicher, gehen Dingen weniger auf den Grund, zudem wuchern Aufmerksamkeitsstörungen und Vereinsamung, da direkte Sozialkontakte durch Social-Media abnehmen.“

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