Montag, 1. Februar 2016

Selfies, Narzissten, Psychopathen und Social Media

Das digitale Zeitalter und der grassierende Selfie-Wahn verhelfen Narziss und Narzissmus zu einer vielzitierten Renaissance. Körperliche Schönheit und Selbstverliebtheit war schon bei den alten Griechen ein Thema. Der Poet Ovid zum Beispiel erzählt die Geschichte des Narziss, der nur sich selbst liebt und alle anderen Verehrerinnen und Verehrer wegstösst. Der egozentrische Schönling nimmt ein böses Ende: Seine Selbstverliebtheit bringt ihm den frühen Tod. Ein Schicksal, dass hoffentlich niemanden ereilen wird, weil er oder sie zu viele Selfies ins Netz stellt Das heisst allerdings nicht, dass die digitale Selbstdarstellung Ihrem Ruf oder Ihren Beziehungen nicht schaden kann.

Das böse Wort vom Narzissmus taucht vor allem im Zusammenhang mit Social Media und Selfies immer wieder auf. Allerdings muss gleich angefügt werden, dass sich die digitalen Narzissten nicht davon beeindrucken lassen, dass ein schöner Jüngling im Vor-Christlichen Griechenland an seiner Eitelkeit zu Grunde ging:
“Eines Tages setzte sich Narkissos an den See, um sich seines Spiegelbildes zu erfreuen, woraufhin durch göttliche Fügung ein Blatt ins Wasser fiel und so durch die erzeugten Wellen sein Spiegelbild trübte. Schockiert von der vermeintlichen Erkenntnis, er sei hässlich, starb er. Nach seinem Tode wurde er in eine Narzisse verwandelt.“
Immerhin gibt es aber klare Hinweise darauf, dass der digitale Selfie-Wahn mehr mit Narziss zu tun haben könnte, als uns lieb sein kann. Die Medien haben schon vor ein paar Monaten über eine amerikanische Studie zum Thema berichtet, die das diesbezügliche Verhalten von Männern beleuchtet:
“Vermutet wird es schon, seit es das Selfie in den medialen Alltag geschafft hat: Dass jene, die häufig inszenierte Selbstportraits in sozialen Netzwerken verbreiten, eher Narzissten sind, als Menschen, die sich damit zurückhalten. Forscher der Ohio State University haben nun die wissenschaftliche Grundlage für diese These geliefert - zumindest für Männer. „Es ist nicht überraschend, dass Männer, die viele Selfies posten und viel Zeit damit verbringen, diese zu bearbeiten, zu Narzissmus neigen, aber es ist das erste Mal, dass dies in einer Studie belegt wird“, sagt Jesse Fox, Dozentin für Kommunikation an der Ohio State University und verantwortlich für die Studie. Darüber hinaus – und das ist für Fox das eigentlich Interessante an der Studie – wiesen die inszenierenden Selbstdarsteller auch eher andere antisoziale Charakterzüge auf und seien eher psychopathisch veranlagt als Männer, die seltener Selfies machen…“
So sah John William Waterhouse im Jahr 1903 Narziss und Echo. Hätte er ein
Smartphone gehabt, wäre er vielleicht nicht ertrunken... Wikimedia Commons
Die gleiche Studie hat übrigens auch gezeigt, dass Männer mit psychopathischen Zügen nicht dazu neigen, ihre Bilder vor dem Absenden zu optimieren. Impulsivität sei typisch für Psychopathen; Diese Menschen wollen sich selbst sehen, aber sie wollen keine Zeit damit verbringen, die Bilder zu bearbeiten.
Aber wie sieht es denn nun mit den Frauen aus. Peter Praschl lässt sich in der Welt darüber aus – und es ist zu hoffen, dass sein Aufschrei zumindest teilweise ironisch gemeint ist:
“Schließlich lässt sich nur schlecht ignorieren, wie viel Leid Männern von Frauen angetan wird, die in sozialen Netzen unterwegs sind. Die haben ja tatsächlich Beziehungen. Man merkt es an den Fotos ihrer Küchentische, an denen nicht bloß ein einziger Stuhl steht, an den Bildern aus den Restaurants, in denen für zwei gedeckt ist, oder daran, dass die Urlaubsfotos so profimäßig aufgenommen sind, wie es weder mit Selfie-Sticks oder der helfenden Hand eines Touristen gelingt. Lauter Indizien, dass da noch einer sein muss – der Mann, der nicht im Bild ist. Weil er nicht so gut aussieht, weil er abdrücken muss, weil er immerzu dasselbe Paar Jeans trägt oder weil er sich immer noch keinen Bart wachsen lassen will, der mit den Bärten der anderen Männer mithalten könnte…“
Die neuste Studie zum Thema kommt aus den USA und will herausgefunden haben, dass Personen, die mehr Selfies ins Net stellen, mehr Schwierigkeiten mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin haben:
“Eine wesentliche Rolle spielen hier Neid und Eifersucht, da der Partner viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und Komplimente anderer bekommt. Die Wissenschaftler um Jessica Ridgway und Russell Clayton nehmen an, dass sich eifersüchtige Partner bedroht fühlen und dazu tendieren, den Account des Partners zu durchforsten und zu kontrollieren. Auf Dauer werde dadurch die Beziehung belastet und nicht selten sind Streit, Betrug oder gar das Beziehungsende die Folge.“
Kein Wunder.
Wie erklärt doch heilpraxis.de die digitalen Narzissten:
“ Menschen die narzisstische Störungen haben, lieben sich per Definition vor allem selbst. Sie sind nicht nur eitel, sondern suchen auch die Aufmerksamkeit: Dafür sind die sozialen Medien bestens geeignet.“

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