Dienstag, 17. Juni 2014

Im Social Web ist das Vergessen ein heisser Trend

Die IT-Kapazitäten auf dieser Welt sind so mächtig geworden, dass es kein Problem mehr darstellt, jegliche Daten in vielfacher Ausführung auf irgendwelchen Servern zu speichern, zumindest vorläufig für immer. Genau diese Speicherwut hat dazu geführt, dass es immer mehr Anwender gibt, die ihr Recht auf das Vergessen einfordern. Der Europäische Gerichtshof hat ihnen kürzlich, was Suchmaschinenresultate anbelangt, Recht gegeben. Ob’s was nützt, wird sich zeigen. Da ist die Generation Y schon schlauer: die verschickt Messages und Bilder, die sich nach dem Anschauen selber zerstören.

Das Snapchat-Logo: Nachrichten die verschwinden, wie von Geisterhand.
Mehr als 700 Millionen sich selbst löschende Nachrichten und Bilder, sogenannte Snaps, werden täglich verschickt und lösen sich danach im unendlichen digitalen Raum auf. Genau das ist der Grund dafür, dass Snapchat so enorm populär geworden ist. Anwender müssen nicht für ihr Recht auf Vergessen vor Gericht gehen, sondern wissen, dass ihre Nachricht kein Bestehen hat. Das verleitet natürlich zum Versenden gewagter Bilder. Zitat aus dem Handelsblatt:
“Snapchat ist vor allem unter Teenagern beliebt und dient der schnellen, oberflächlichen Kommunikation – teils auch, um anzügliche Aufnahmen zu verschicken, was in den USA als „sexting“ bezeichnet wird. Trotz gravierender Sicherheitsmängel verbreitet sich die App rasant…“
Die ganz Grossen im Internetgeschäft wollen nicht länger hintenanstehen, nachdem sie versucht haben, Snapchat zu kaufen und vom gerade mal 24jährigen Gründer Evan Spiegel einen Korb erhalten haben. Facebook scheint schon weit fortgeschritten zu sein, mit einer ähnlichen App, wie Manager Magazin berichtet:
“Mit seinem milliardenschweren Übernahmeangebot konnte Mark Zuckerberg bei Snapchat-Gründer Evan Spiegel nicht landen. Jetzt hat der Facebook-Gründer eine eigene Alternative zur populären Foto-Versende-App entwickelt. Am Samstag war die App "Slingshot by facebook " wenige Minuten in Apples App-Store verfügbar. Sie wurde jedoch kurz darauf wieder zurückgezogen. […] Den Berichten zufolge erlaubt es "Slingshot", mit Zeichnungen oder Kommentaren versehene Fotos und Videos zu verschicken. Diese zerstören sich nach dem Betrachten nicht selbst, sondern erst dann, wenn der ursprüngliche Versender sie entfernt. Zudem soll sich ein zugesandtes Foto nur dann öffnen lassen, wenn man mit einem eigenen darauf regiert.“
Unterdessen haben sich bereits mehr als 40‘000 Menschen bei Google gemeldet, die einen Link in ihre Vergangenheit gelöscht haben möchten. Ob es viel nützen wird, bleibe dahingestellt. Zitat aus der NZZ:
“Allerdings ist fraglich, inwiefern ein solches Recht im Netz überhaupt durchsetzbar ist: Erstens betrifft das Urteil zwar alle Suchmaschinenbetreiber, nicht aber soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter, die ihrerseits personenbezogene Daten archivieren. Zweitens ist das nun gefällte Urteil insofern bedingt, als dass nur «unter bestimmten Voraussetzungen» Links zu heiklen Inhalten gelöscht werden müssen. Ob diese Bedingungen erfüllt sind, ist im Einzelfall zu prüfen; Informationen zu Personen des öffentlichen Lebens etwa könnten ausgenommen sein. Drittens bewirkt das EuGH-Verdikt nicht, dass die Inhalte selbst gelöscht werden – sie werden nur nicht mehr durch Suchmaschinen indexiert. Wie Telefonnummern, die nur aus dem Telefonbuch gelöscht wurden, existieren die Websites mit den persönlichen Inhalten weiterhin. Diese und etwaige Kopien vollumfänglich zu löschen, ist technisch gar nicht möglich.“
Die Vergangenheit wird wohl noch eine Weile mit uns bleiben – auch wenn es ein klein wenig länger geht, bis sie uns einholt.









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