Sonntag, 23. März 2014

Das digitale Kommunikationsparadox

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass die Anzahl Kommunikationskanäle, die uns zur Verfügung steht, keinen direkten Zusammenhang mit dem Gelingen unserer Kommunikationsversuche zu tun hat. Im Gegenteil: Trotz Smartphones, Tablets und PCs war es noch nie so einfach,  die Kommunikation zu verweigern, wie im digitalen Zeitalter. Das hat Vor - und Nachteile - je nachdem auf welcher Seite der kommunikativen Beziehung man sich befindet.

Eine der vielen Apps, mit denen Anrufe systematisch blockert und ignoriert
werden  können.
Wer nicht will, muss E-Mails nicht beantworten und Telefonanrufe nicht entgegennehmen - die eigene Voice-Mailbox ignorieren ist sowieso einfach. Das ist vor allem dann lästig, wenn man der Initiant des Kommunikationsversuchs ist, sowohl auf persönlicher, wie auf geschäftlicher Ebene. Es ist uns wohl allen schon passiert, dass ein Bekannter oder eine Bekannte plötzlich nur noch sehr schwierig oder gar nicht mehr erreichbar war. Aus irgendeinem Grund ignoriert diese Person plötzlich unsere Anrufe und reagiert auch nicht auf Mails (vielleicht hat es damit zu tun, dass sie uns tausend Franken schuldet…)
Was immer die Gründe für ein derartiges Verhalten sind; unzählige Apps für’s Smartphone, mit denen Anrufe blockiert werden können, machen es möglich. Die technische Leichtigkeit der Kommunikationsverweigerung sagt natürlich nichts über deren Auswirkung in zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Eines ist nämlich so gut wie sicher: Wer versucht, den Kontakt aufzunehmen und mehrmals abgeblockt wird, muss relativ schnell merken, was läuft. Irgendeinmal kommt der Kontakt dann (hoffentlich) wieder zustande - dann werden auch Ausreden nicht besonders wirksam sein.
Das gilt vor allem auch im Geschäftsleben. Die Schweiz hat sich diesbezüglich gottseidank noch nicht so weit entwickelt, wie Nordamerika. Wer in den USA oder in Kanada ein Unternehmen zu erreichen versucht, wird oft systematisch vertröstet oder gar abgeblockt - vor allem wenn es um Reklamationen oder Anfragen geht. Oder der Anruf endet irgendwo in einem Call-Center in Südostasien, wo man sehr oft auch nicht viel weiter kommt. Am schlimmsten sind diesbezüglich, wen wundert’s, Behörden und andere öffentliche Stellen. Da gibt es sozusagen niemanden mehr, der sein Telefon am Pult direkt beantwortet, ohne den Anrufer vorher mal in der Voice-Mailbox ins Leere laufen zu lassen. Kein Wunder: Staatsdiener müssen sich nicht davor fürchten, dass die Kunden - sprich: Steuerzahler - zur Konkurrenz gehen.
Unternehmen tun gut daran sicherzustellen, dass sich Ihre Mitarbeiter die Kundenkommunikation gemäss diesem digitalen Paradox nicht zu einfach machen - das könnte sich direkt auf den Geschäftsgang auswirken.
Wie schon vermerkt, ist der Kundendienst in schweizerischen Unternehmen und auch bei den Behörden immer noch weitgehend gut. Die wenigsten Telefonzentralen sind nach Indien ausgelagert worden - unter anderem deshalb, weil man da zwar Englisch, meistens aber kein Deutsch spricht…
Die positivste Überraschung betreffend Telefonservice erlebten wir übrigens bei einem Anruf bei der Schweizerischen Ausgleichskasse in Genf. Es ging um die Klärung eines AHV-Irrtums.
Wir machten uns auf das Schlimmste gefasst, schliesslich hat die Ausgleichskasse Millionen von Kunden und führt dementsprechend viele Millionen Konten.
Der Anruf wurde von einer Dame in der Telefonzentrale direkt beantwortet, ohne dass wir vorher auf der Tastatur des Telefons unzählige digitale Abzweigungen wählen mussten. Innerhalb kürzester Zeit wurden wir mit einem Sachbearbeiter verbunden, der unser Problem in Minutenschnelle löste.

Nicht schlecht, für eine Amtsstelle, die Millionen von Kunden zufriedenstellen muss!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen